Dort draußen sind Geschichten, Wunder, die nur darauf warten entdeckt zu werden. Sie wollen gefunden werden. Die Hochkulturen der Welt haben um Aufmerksamkeit gebuhlt. Ihre Städte kämpften darum, dass sie nicht vernichtet werden. Satellitengestützte Archäologie soll beides möglich machen.
»Können Sie etwas sehen?«
»Ja, wunderbare Dinge« hauchte Howard Carter 1922, nach etwa sechs Jahren erfolgloser Suche, als er das Grab des Tutanchamun endlich zu Gesicht bekam.
Ob unsere Archäologen in Zukunft ebenso zeitintensiv nach ihren Erkenntnissen und Schätzen suchen müssen?
TED Talks und satellitengestützte Archäologie
1984 wurde TED zum Leben erweckt, von einem Architekten. Richard Saul Wuman war daran interessiert Technologie-Entwickler, Designer und andere kluge Köpfe zusammenzubringen. Die Innovationskonferenz TED, deren Abkürzung ausgeschrieben Technology, Entertainment, Design repräsentiert, steht für einen interdisziplinären Austausch.
Um es einfacher auszudrücken: Der neueste, heiße Kram aus Wissenschaft und Forschung bekommt eine Bühne und wird der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Motto der Konferenz ist »Ideas worth spreading«.
Untertitelt sind die Vorträge seit 2009 in unterschiedlichen Sprachen, darunter auch Deutsch.
Die besten Vorträge werden als TED-Talks auf https://www.ted.com veröffentlicht. Es finden sich nicht nur Vorträge über die neuesten Technologien und Astrophysik, sondern auch Archäologie.
Hier also die satellitengestützte Archäologie von Dr. Sarah Parcak, die den TED-Prize 2016 für ihr Projekt erhielt. Seit 2013 ist der TED-Prize mit 1.000.000 US-Dollar dotiert.
Mit dem Geld wurde unter anderem eine Plattform finanziert, die sich GlobalXplorer nennt, die Nutzer dazu animiert bei der Suche nach dem nächsten großen Fund behilflich zu sein und dem Verkauf wertvoller Kulturgüter auf dem Schwarzmarkt etwas entgegensetzen will.
Globalxplorer
GlobalXplorer.org ging am 30 Januar 2017 online. Die Plattform entstand in der Zusammenarbeit mit National Geographic, Digital Globe, dem größten Anbieter kommerzieller Satellitenbilder und einem Team um die Archäologin Dr. Sarah Parcak.
Die Seite soll zusätzlich den Schutz bestehender Ausgrabungsstätten unterstützen, Wissen, bereitgestellt von National Geographic, vermitteln und eine Plattform für Konversationen zu neuen Grabungsstätten bieten.
Aus mehreren hundert Kilometern höhe, nehmen Satelliten Bilder von der Erdoberfläche auf. Die Flächen, die hierbei abgesucht werden, sind so groß, dass es Jahrzehnte dauern würde, diese vom Boden aus auf ihre Relevanz hin zu untersuchen.
Plötzlich werden Plünderungen aus dem All sichtbar, ebenso wie unentdeckte archäologische Stätten.
Hier kommen die Besucher der Website ins Spiel. Der Umfang an Bildern ist so groß, dass das Team sie nicht alle auswerten kann. Der geneigte Besucher wird dazu animiert sich einen Teil der Bilder anzusehen und zu beurteilen, ob sich auf den Bildern der satellitengestützten Archäologie relevante Objekte finden. Die Bilder, die dem Helfer auf der Seite zur Beurteilung angeboten werden, werden von unzähligen anderen Menschen ebenfalls beurteilt. Daher ist es nicht schlimm, wenn dir bei der Suche ein Fehler unterläuft.
Innerhalb eines weißen Quadrats wird es dem Nutzer der Website überlassen zu beurteilen, was er auf dem Bild sieht. Natürlich findet sich ein Einführungsvideo auf der Webseite, welches noch einmal alles ganz genau erklärt.
Ist die Community sich einig, dass auf dem Bild etwas zu sehen ist, das für die Forscher von Relevanz sein könnte, schaut sich das Team um Dr. Sarah Parcak die Dokumente an.
Meine Vermutung ist, dass die Objekte, die gesucht werden, an ein Projekt gebunden sind. Bei dem laufenden Projekt sollen looting pits, also Gruben von Grabräubern gefunden werden.
Wie soll man aus dem All erkennen, ob das aufgenommene Bild relevant ist?
Perfekte Kreise und gerade Linien tauchen in der Natur nur selten auf, sodass die Wahrscheinlichkeit, auf menschliche Siedlungen zu treffen, an den Stellen steigen, die Rechtecke und Kreise in der Landschaft anzeigen.
Zusätzlich kann man anhand von Löchern im Boden sehen, wie stark eine potenzielle Grabungsstätte ausgeplündert wird oder wurde.
Grabräuber graben die Erde anders um, als dies Archäologen bewältigen. Die Plünderungen durch Grabräuber finden sich im Boden anhand von Gruben. Archäologen gehen nicht auf diese Art und Weise vor, da der Kontext, in den die Fundstätten und einzelne Objekte gesetzt werden müssen, zerstört werden und für immer verloren gehen. Die Gruben der Grabräuber tauchen oft in Gruppen auf und sind aus dem Weltall zu erkennen, sodass satellitengestützte Archäologie hier helfen kann.
Ich will dokumentieren, wie viele Bilder ich ausgewertet habe
Du kannst dich bei GlobalXplorer anmelden, und deinen Fortschritt bei der Beurteilung der Bilder sichern lassen. Das Belohnungssystem ist da, aber noch ausbaufähig, wie ich finde. Je nachdem, wie viele Bilder du ausgewertet hast, erhältst Beinamen zu deinem Profil, wie Globetrotter oder Space Archaeologist.
Der Content auf der Website wird durch National Geographic bereitgestellt. Wenn du dich lieber über die Kulturen sachkundig machen möchtest, kannst du dich auf der Seite informieren, ohne die vielen Bilder zu beurteilen.
Ägyptens verlorene Städte
Komplexe Algorithmen werden auf die Satellitenaufnahmen angewandt, um die sich ändernde Vegetation zu durchdringen und Spuren menschlicher Existenz auszumachen. Diese Spuren können gebrannte Ziegel einer Siedlung unter dem Wüstensand sein, oder übereinandergeschichtete Feldsteine, die unter der Vegetation des Dschungels verborgen sind.
Das Reich der Pharaonen lässt in den meisten von uns die Pyramiden von Gizeh aufsteigen, die Sphinx oder die Tempel von Abu Simbel. Riesige Bauwerke, die so gewaltig sind, dass wir kaum glauben können, dass Menschen und nicht Götter sie gefertigt haben sollen. In der Wissenschaft ist man sich einig, dass Menschen diese wunderbaren Zeugnisse der Zeit auf unserer Erde hinterlassen haben.
Nur wo sind sie? Wo sind all die Städte und Dörfer, die Metropolen, die die frühen Hochkulturen bildeten?
Eine Zivilisation, die mehrere tausend Jahre überstanden hat, deren Bauwerke bereits in der Antike als Weltwunder galten und als einzige davon heute noch stehen, kann die Zeit nicht spurlos hinter sich gelassen haben. Überlieferungen und Inschriften sind oft lückenhaft, wenn überhaupt vorhanden.
Die satellitengestützte Archäologie hat in Ägypten 17 potenzielle Pyramiden finden können, zusätzlich zu 3100 vergessenen Siedlungen und 1000 vergessenen Grabmälern.
Das Programm von Dr. Sarah Parcak kann sich auf eine stolze Trefferquote von 80-90% berufen, wenn es darum geht unentdeckte historische Stätten ausfindig zu machen.
Vorteile und Bedenken
- Zeit und Kosten, die verbraucht werden, um neue Fundstellen ausfindig zu machen, werden minimiert
- Jeder, der einen Internetzugang besitzt, kann bei der Suche nach dem neuen Tutanchamun behilflich sein
- Die Daten werden mit den Archäologen vor Ort geteilt
- Der Erhalt der historischen Stätten wird wahrscheinlicher
Bedenken:
Das Projekt könnte das Plündern von Ausgrabungsstätten fördern. Da die genauen Daten über die Plattform aber für den Besucher nicht einsehbar sind, ergibt sich dies aus meiner Sicht.
Vielleicht verliert sich die Spannung für die Suchenden, wenn es nur noch darum geht zuzuordnen, welche Stadt, oder welches Grab gefunden wurde.
Kampagnen
Bis zum 16 April 2017 lief eine Kampagne der satellitengestützten Archäologie, die sich mit den Satellitenaufnahmen Perus beschäftigte. Das ganze Land wurde und wird noch immer kartografisch durch die vielen Helfer ausgewertet, um Plünderungsgruben ausfindig zu machen und die historischen Stätten zu schützen.
Laut Dr. Sarah Parcak leben viele der ärmsten Menschen der Welt direkt neben einigen der bedeutendsten historischen Stätten. Bringt man ihnen, besonders auch Frauen wieder bei, wie sie traditionelle Handarbeiten anfertigen können, ist es diesen möglich, ihren Lebensstandard zu verbessern.
Historische Stätten avancieren zu Touristenattraktionen. Die Menschen, welche daran angrenzend leben, könnten sich über die Verkäufe aus dem Tourismus selbst finanzieren, so die Vision. Zusätzlich wären sie eher daran interessiert ihr kulturelles Erbe zu schützen, anstatt es auszurauben.
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Welche Erkenntnisse und Entwicklungen sich aus der Entdeckung dieser Stätten ableiten lassen, ist wohl noch nicht abschätzbar.
Ich bin aufgeregt und weiß nur eines:
»Ich sehe wunderbare Dinge!«
Quellen für die Neugierigen:
Archaeology from Space TED 2012
Hunting for Peru’s lost civilisations TED 2016
National Geographic Januar 2017
und viele andere interessante Webseiten.
August 20, 2018 um 23:40
Hallo Claudia,
ich würde mich gern beteiligen , aber mich interessieren weniger die Pyramiden in Ägypten oder in Peru sondern ich würde gern mehr über unsere Vergangenheit in Deutschland speziell hier in Thüringen erfahren. Da ich mich seit Jahren schon damit beschäftige wäre es für mich sehr interessant satellitengestützte Archäologie zu nutzen.
September 3, 2018 um 04:30
Vielen Dank für Ihre Anfrage,
gern würde ich Ihre Frage spezifisch für das Land Thüringen beantworten. Leider sind mir zum momentanen Zeitpunkt keine Veröffentlichungen bekannt, die sich explizit mit Thüringen beschäftigen und in Bibliotheken zu finden sind.
Andere Quellen finden sich online. Gern liste ich diese für Sie auf:
https://www.globalxplorer.org/about/team
https://www.globalxplorer.org/about/partners
https://www.globalxplorer.org/expedition
https://www.heritagedaily.com/2017/02/space-archaeologist-dr-sarah-parcak-launches-her-ted-prize-wish-globalxplorer/114131
https://news.nationalgeographic.com/2017/01/archaeologists-parcak-globalxplorer-looting-ted-prize/
https://www.ted.com/talks/sarah_parcak_help_discover_ancient_ruins_before_it_s_too_late#t-1096451
https://www.ted.com/speakers/sarah_parcak
https://www.theguardian.com/science/shortcuts/2017/feb/06/armchair-archaeology-find-lost-civilisations-laptop-globalxplorer
Seit einiger Zeit erregt das Lasersystem LiDAR häufiger Interesse, falls Sie sich damit beschäftigen möchten, ist hier ein Übersichtsartikel:
https://www.spektrum.de/magazin/archaeologie-aus-der-luft/1411565
Die Zeit, nach Publikationen, die sich mit LiDAR beschäftigen, in den großen Bibliotheken zu suchen, hatte ich leider noch nicht.
Zur archäologischen Flugprospektion (Luftbildarchäologie) findet sich allerdings in der Staatsbibliothek Berlin und der Bayerischen Staatsbibliothek etwas Material.
Falls Sie sich wünschen, dass weitere Artikel im Zusammenhang mit diesem Thema im Blog erscheinen, lassen Sie es mich bitte wissen, ich werde schauen, ob ich in Zukunft weiter auf die Thematik eingehen kann.
Liebe Grüße