Küche
Im 15. Jahrhundert mussten hunderte Menschen auf der Cadolzburg versorgt werden. Damit die Nachbarn nicht schwierig wurden, lud man sie sich hin und wieder zu sich ein. Natürlich mussten nicht nur die Gäste auf der Burg versorgt werden, sondern auch die Pferde, die sie mit sich führten.
Der Backofen des Ochsenschlots ist eine Schöpfung des 18. Jahrhunderts, die danebenliegende Feuerstelle gab es aber bereits im Mittelalter. Die Küche war damals größer, es gab mehrere Feuerstellen. Köche und Metzger (alles Männer) brauchten ihren Platz. 300 – 400 Ochsen wollten im Jahr verarbeitet und geschlachtet werden.
Bis zum Jahr 1582 umfasste das Jahr noch 354 bis 355 Tage, was erst mit der Einführung des gregorianischen Kalenders angepasst wurde. Man stelle sich vor, dass jeden Tag mindestens ein Ochse geschlachtet und verarbeitet wurde, zusätzlich zu Wild, Kalb, Süß- und Salzwasserfischen, Krebsen, Gemüse und eingefärbten Lebensmitteln. Eingefärbte Speisen, wie der Veilchenbrei, erfreuten sich besonderer Beliebtheit, nicht weil es notwendig war die Speisen zu färben, sondern weil man es sich leisten konnte.
Es riecht nach Rauch und Gebratenem. Dafür verantwortlich ist eine der Duftstationen. Man scherzt, dass es zu teuer wäre jeden Tag einen Ochsen in der Küche zu braten, da sind die Duftstationen günstiger.
Küche nennt sich dieser Raum auch heute noch, hier wird in Workshops mittelalterliches Essen nachgekocht, auch mit der Kuratorin Dr. Uta Piereth.
Mandeln gab es nur für die höfische Elite, erklärt sie. Ein Mulltuch wurde um die geschnittenen Mandeln gelegt, um diese auszupressen. Fisch mit Mandelmilch sei nicht so lecker, Pasteten mit Rosinen dagegen seien sehr zu empfehlen.
Es wird Kümmelkonfekt gereicht.
Eine krümelige Mischung, versetzt mit Kümmel, dessen scharfer Geschmack angenehm durch die süßen Flocken dazwischen gedämpft wird. Ein regionaler Bäcker habe sich gefunden, der den Versuch starten und dieses nach einem mittelalterlichen Rezept nachkochen wollte.
Nimm Zwiebeln und Knoblauch, Ochsengalle und Wein, vermische es… So sehen meine wenigen Berührungspunkte mit frühen Rezepten aus.
Dem mutigen Bäcker daher ein dickes Dankeschön für den interessanten Ausflug in das kulinarische Mittelalter.
In der Küche finden sich Reproduktionen des Kochgeschirrs. Hierzu zählt auch die Grapenpfanne, eine Keramikschüssel, die auf drei Beinen steht. Eine Art Singlekochtopf aus dem Mittelalter, in dem man direkt über der Glut Brei, Soße oder kleine Portionen Mus zubereiten oder erwärmen konnte.
Holzteller wurden besonders in der Küche des 15. Jahrhunderts gebraucht. Salz, Getreide/Mehl, Butter, Schmalz und Gewürze bewahrte man gern in einem Deckeltopf auf. Gerade halbgare Speisen konnten in den hitzebeständigen Tontöpfen direkt im Feuer erwärmt oder fertig gekocht werden.
Messer waren für die Tafeln und die Küchenarbeit wichtig. Form und Qualität richteten sich nach dem Verwendungszweck, bei Tisch nach dem Rang des Besitzers. Messer trug man mit sich, sodass das Messer die Stellung seines Besitzers widerspiegelte. Mit Löffeln hielt man es ähnlich, je höher der Tafelnde in der Gesellschaftshierarchie stand, umso wertvoller war das Material seines Essbestecks.
In Italien kennt man die Gabel im 15. Jahrhundert bereits. Mitteleuropa in seiner Gesamtheit wird sich dem noch eine Weile widersetzen. Die neue Mode wird als »sündhafte Verweichlichung« verschmäht.

Mitmachen auf der Cadolzburg – Hier finden sich Ausstellungsstücke, die nur sichtbar werden, wenn man sich traut die Schubladen zu öffnen. Die Cadolzburg bietet viele kleine Spielereien.
Kurfürstliche Gemächer der Cadolzburg
Sie setzen sich zusammen aus dem Eichensaal, der Kapelle, dem Erkersaal und einem Annexraum im Obergeschoss des Folterturms, der nie einer war, zusammen.
Feste Feiern in der Festung
Nürnberg als Reichsstadt lag nicht weit entfernt von Cadolzburg und zusammen damit lud ein ansprechendes Jagdrevier Bischöfe, Fürsten und sogar Könige, dazu ein, sich hier gastlich bewirten zu lassen und mit den Burgherren Verträge auszutauschen. In Truhen reisten ihre Gewänder mit zur Burg. Damen waren in ihrer Bewegungsfreiheit in den langen Prunkgewändern, die man zu jenen Anlässen trug, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, während die Herren mit dem Kurfürsten darum wetteiferten, wer die höchsten Sprünge in den modernen, höfischen Tänzen ausführen konnte.
Welche Gerüche sich in diesem Raum fanden, vermittelt eine Duftstation neben der Tür, die nach Kerzenwachs, Parfum und nassen Steinen in einem Keller mit lehmgestampftem Boden riecht, oder dem zweihundert Jahre alten Kleiderschrank meiner Uroma, vielleicht beides, möglicherweise nichts davon.
Erkersaal

Auch virtuell wird die Burg erlebbar.
Im Erkersaal selbst finden sich die Wappen der Hohenzollern, der Burggrafschaft Nürnberg und die Wappen der angeheirateten Familien. Ein Sternengewölbe mit Wappensteinen schmückte ihn einst und wurde von Albrecht Achilles 1470 in Auftrag gegeben.

Betonrippendecke im Erkersaal in Cadolzburg als Rekonstruktion
Um die Geschichte der Burg zu erhalten und nicht durch scheinbar altes Material diese zu verfälschen, entschied man sich zu dem Einbau einer Betonrippendecke. Die Schlusssteine des Gewölbes sind durch die Wappen verziert und repräsentieren die Familientradition. Man verheiratete die Kinder auch mit den in Konkurrenz stehenden bayrischen Wittelsbachern und sächsischen Wettinern. Nicht nur mit der Konkurrenz verheiratete man sich, auch Könige von Polen standen in Verbindung mit den Hohenzollern.
Ein Kartentisch steht neben einem den Raum dominierenden Kamin und dank der Motivfliese, die eine Leigabe des Germanischen Nationalmuseums ist, kannst du die einstigen Räumlichkeiten erahnen. Ist deine Vorstellungskraft weniger ausgeprägt, dann benutze den Touchscreen. Hier ersteht der Erkersaal in virtueller Form auf.
Im dritten Obergeschoss befanden sich die Gemächer der Kurfürstin und ihrer Kinder. Von der ursprünglichen Ausstattung ist nichts erhalten geblieben, nachdem die Burg am 17.04.1945 ausbrannte.
Waffen und Rüstkammer
Wer nicht sein eigenes, ungenietetes Kettenhemd in zehnmonatiger Handarbeit anfertigen möchte, um hinterher festzustellen, dass sie schwer sind und ohne Lederzeug darunter den Körper auskühlen, wenn es windig ist, der kann sich in der Waffenkammer ausprobieren. Kettenhemd, Lederbrustharnisch und moderne Polizeiausrüstung werden auf der Cadolzburg gegenübergestellt. Ein Großteil der ausgestellten Gegenstände darf angefasst und anprobiert werden.
Gemächer der Frauen und Kinder
Um 1480 befanden sich im 3. und 4. Obergeschoss des Alten Schlosses rund 15 Gemächer, die teilweise mit Heizmöglichkeiten ausgestattet waren. Stuben waren eher mit Heizmöglichkeiten ausgestattet, als Kammern oder Flure. Hinzu kamen Abtritte oder weiteren Kochstellen. Das Frauenzimmer an sich konnte man üblicherweise abschließen.
Spiele im 15. Jahrhundert
Man arbeitete im 15. Jahrhundert nicht nur auf der Cadolzburg. Gespielt wurde ebenso, zum Beispiel während der Quintana, einem Minnespiel zwischen den Geschlechtern. Zwei Personen stemmten die Füße gegeneinander und versuchten den jeweils anderen zu Fall zu bringen.
Ball-, Karten- und Brettspiele fanden in den Gemächern ebenso Anklang wie Gesellschaftsspiele.
Kinder auf der Burg
Friedrich und Elisabeth hatten zehn Kinder. Albrecht mit seinen zwei Ehefrauen neunzehn. Im 15. Jahrhundert war die Kindersterblichkeit recht hoch, sodass bereits sieben davon im Kindesalter verschieden. Hof- und Schulmeister lösten die von Ammen geprägten Kinder ab dem 7. Lebensjahr ab. Selbstbeherrschung, Sparsamkeit und ein angemessenes Auftreten sind zu der Zeit für die Jungen wichtiger als Literatur oder Lateinkenntnisse. Mädchen lernten neben textilen Fertigkeiten auch die Jagd.

Federn als Geschenk für die Angebetete
Geschenke und Jagden
Die Jagd auf Graureiher war Teil des adligen Jagdvorrechts. Besonders die Damen der Hohenzollern fanden an den Federn der Graureiher gefallen. Speziell abgerichtete Falken setzten den Graureihern nach, wie der Überbringer des Geschenks der edlen Angebeteten.
Kurioses
In den Innenräumen der Cadolzburg findet sich natürlich auch ein Folterstuhl. Dass auf der Burg dergleichen praktiziert wurde, ist nicht nachgewiesen und der Stuhl eher eine Modeerscheinung. 1894 richteten der Verkehrs- und Verschönerungsverein Cadolzburg zusammen mit einem Privatmann, eine »Folterkammer« in der Burgkapelle ein. Das Mobiliar war ausschließlich neu angefertigt, darunter auch der Folterstuhl, der seiner Aufgabe nie zugeführt wurde und nur dem Amüsement der Besucher diente.
Toiletten
In einem der Gemächer, in dessen Mitte ein metallener Stammbaum emporwächst, findet sich ein kleiner angrenzender Raum, ein Plumpsklo, wie sich herausstellte. Wer sich traut und den Raum betritt, bekommt die dazugehörigen Geräusche zu hören.
Trippen – der letzte Schrei
Es regnet seit Stunden. Die Feuchtigkeit ist unter deine Kleider gekrochen und setzt sich in deinen Gliedern fest. Du bist froh, dass du endlich zu Hause ankommst, freust dich auf das Kaminfeuer und jetzt sollst du durch den nicht gepflasterten Burginnenhof stapfen. Sicher hast du richtig Lust darauf durch den kalten, mit allerlei Tierexkrementen durchsetzten Schlamm zu laufen.
Hmm, das Geräusch, wenn deine handgefertigten Lederschuhe sich in die weiche Masse senken. Du bist entweder damit beschäftigt nicht auszurutschen und der Länge nach in die braune Masse zu fallen, oder du ziehst die hölzernen Überschuhe an und kommst damit ins Trockene.

Trippen – hölzerne Schuhe/ Überzieher aus dem Mittelalter
Na, was klingt attraktiver?
Diese hölzernen Überzieher, man möchte fast sagen Schuhe aus dem Mittelalter, auch Trippen genannt, wurden nicht nur durch den Adel geschätzt. In den Städten des Mittelalters nutzte man Trippen, um verdreckte Straßen und Marktplätze passieren zu können, wie sich in Paderborn vor einigen Jahren nachweisen ließ.
Auf dem Platz vor dem Bischofspalast sammelte sich in Paderborn immer wieder eine bis zu 30 cm dicke Abfallschicht an. Der Platz wurde mehrfach überbaut, teilweise sieben Mal, um dem Dreck Herr zu werden. Eine Müllabfuhr gab es damals nicht und Unrat wurde auf der Straße entsorgt. Im Laufe der Zeit hob sich der Platz um 1,40 m an und sammelte in seinen immer wieder bepflasterten Dreckschichten, Trippen, Lederreste, Spielzeug, Essensreste und Gerüche an.
Letzte Station

Eine Geräuschkulisse holt den Besucher ab
Die letzte Station ist eine Halle mit hellen Steinen, zu der ich keine Aufzeichnungen mehr habe. Ich weiß nicht wie der Raum heißt. Eine metallene Treppe führt hinunter. Harfenklänge werden abgelöst von Hufgetrappel, Hundegebell, dem Geräusch aneinanderschlagender Schwerter. Über das Geländer gelehnt suche ich die Verursacher der Geräusche. Es ist niemand zu sehen. Der Klang ist wunderbar. Ein Flötenspieler wärmt die Herzen der Gäste. Schließe ich die Augen, knistert irgendwo ein Feuer, murmeln Menschen und rascheln Kleider bei jeder Bewegung.
»Die Burg wurde als Kaderschmiede der HJ genutzt.«
Die Illusion zerspringt, schwere Holzbalken und Steine fallen herab, zertrümmern, zermalmen, brennen. Kahle Wände schreien rußgeschwärzt zum Himmel. Verwerfungen legen sich und geben die Halle mit den hellen Steinen wieder frei.
Hier wird eine Burg lebendig, wer mit Kindern unterwegs ist, für den ist die Cadolzburg zu empfehlen.
Ganz lieb bedanke ich mich für die Organisation des #HohenzollernWalks durch Tanja Praske, den kostenfreien Eintritt und die Führung durch die Bayerische Schlösserverwaltung.
Teil 1: Was ist an Cadolzburg interessant? – Recherchefahrt und Hohenzollernwalk
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