Das ist einer dieser gemeinen Texte. Sie wissen wovon ich spreche, werte*r Leser*in?
Erinnern Sie sich noch an den Tag, an dem es aufgrund eines brandenburger Brandes in Berlin nach Qualm stank? Erinnern Sie sich daran, dass es die Nachrichten in Österreich sendeten? Wissen Sie das oder wohnen sie an einem anderen Ort? Kommen Sie, ich zeige Ihnen einen Essay. Ich zeige Ihnen meinen Sommer.
Haben Sie schon einmal an einem Backofen gestanden? Ich spreche nicht von den feinen, modernen, gasgespeisten, elektrisierten, ceranfeldmutierten Induktionsungetümen. Von denen, die mit Holz gefüllt werden, mannshoch, befeuert am Freitag, weil über ein ganzes Wochenende Fleisch, Kuchen, Brot, Pflaumenmus garen soll.
Gemauerte Öfen fauchen Tier und Menschen an. Wilde Glutochsen, deren schnaubender Atem Gesichtshaut löst. Sie, werte*r Leser*in, können nicht wegschauen, auch dann nicht, wenn die Glutstücke herausgekratzt, durch Pfannen ersetzt wurden. Was wollen Sie machen? Das Gesicht wegdrehen? Sich die nach der Gusseisenpfanne tastenden Hände versengen?
Wegsehen, es wäre so schön. Aber der Glutochse, faucht uns an, Sie und mich, uns, und auf dem Land ist es nicht besser. Dort ist es schlimmer. Kommen sie mit in das Sommermärchen, den Feuersturm.
Anfangs brannten 400 Hektar Wald – Lieberose, Truppenübungsgelände, erst Waffen-SS, dann rote Armee, DDR, Naturschutzgebiet – alles munitionsdurchsetzt, erschwerter Löscheinsatz und zum Glück keine Toten. Etwa 100 Hektar Wald und Feld, dann der Brand an der Autobahn, wieder diese grässlichen Weltkriegskadaver im Boden und die ehrenamtlichen Feuerwehren zwischen Angst vor den Flammen und der Munition.
Diese verdammten Kriege!
Die Hälfte der Landkreise lebt mit der höchsten Waldbrandwarnstufe 5. Wälder dürfen nicht betreten oder befahren werden. Ausnahmen gibt es nur für Forstbehörden, Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz, ist hier oft so. Wissen Sie das? Die andere Hälfte lebt mit Waldbrandwarnstufe 4, nur einer, der noch mit der 3 besetzt ist. Hält das Wetter, leuchtet er auch – sehr bald – mit der roten 5.
Die Förster fürchten um die Setzlinge, kein Fürchten, Gewissheit.
Wir sagen gern, dass eine andere Großmacht sich zum Zeitpunkt X herausbilden konnte und vergessen wie abhängig wir von stabilem Wetter sind. Das derzeitige ist wohl eher instabil, wenngleich sich die konstanten Hochdruckgebiete halten. Die andere Großmacht, wie kann die ihre Armee plötzlich ernähren und warum ist die bisherige auf ein Mal unorganisiert? Woher kommen die Unruhen im inneren des Reiches? Haben die Bewohner der bisherigen ihren Intellekt verloren? Wem muss die Menschheit 233 Billionen Dollar zurückzahlen, die das Institute of International Finance beziffert? Welche Bedeutung hat die Merkelraute? Wieso haben die anderen plötzlich Spezialisten, die neue Technologien entwickeln – weiterentwickeln? Können Hummeln fliegen? Warum wird Spezialisierung möglich? Gefällt Ihnen das?
Aus! Ein Vulkan, der pyroklastische Ströme losschickt, dann eine Jahrtausendflut, die sie trifft. Es ist auf den Regen kein Verlass oder die Jahreszeiten verschieben sich und der Kalender, nach dem sich Bauern, Landwirte, Selbstversorger, ganze Städte richten, ist nicht mehr zuverlässig.
In den Flüssen verenden die Fische, Hungersteine ragen aus dem Flussbett. Das Wasser kann aufgrund der Hitze nicht genug Sauerstoff speichern, in Berlin-Köpenick, es ist der 11.10.2018, fließt die Spree rückwärts. Schiffahrtskapitäne am Rhein mit halber Ladung, dann wird sie eingestellt, Wasserpegel zu niedrig. Auf dem Land verdurstet und verhungert das Vieh. Krankheiten breiten sich aus – mehr Verwesende, Verunreinigung, weniger Helfer, die die Körperreste wegschaffen. Dass das Wetter sich ändert, passiert. Vielleicht hat der Planet öfter Klima als wir ahnen, beim Homo sapiens wohl Grippesymptome.
Dass Städte anfällig für Versorgungskrisen sind, lässt sich verfolgen. Können sie nicht durch das Umland versorgt werden und ja, Städte müssen versorgt werden, mutieren die pulsierenden Metropolen zu Intensivstationspatienten.
Sie hängen am Straßentropf, der Güter und Nahrungsmittel in den fauchenden Stahlbeton-Fachwerkstier schafft. Straßen als Versorgungsader. Solang die pulsierenden Metropolen mit sich selbst beschäftigt sind, ist die Welt in Ordnung. Sorgen sich um Mieten, gesunde Ernährung, Gesundheit generell, Fitnessstudiobeiträge, Mülltrennung, Umwelt, Sommerurlaube und draußen, da verdorrt nicht nur die anfällige Kulturpflanze.
Jeder zweite Baum leuchtet mit gelblichen Blättern. Das zweite Frühjahr zeichnete sich schlecht ab. Alles Unkraut steht irgendwie dazwischen. Ameisen, Blattläuse, Hummeln, selbst Ratte und Maus – will doch alles irgendwie leben. Ein kleiner Wassertopf zwischen dem trockenen Gestrüpp. Tagsüber kommen die Vögel, nachts der Marder. Egal, will doch alles ein bisschen leben, auffüllen seit April für – was auch immer den Weg findet. Die Kulturpflanzen sind vertrocknet, viel Unkraut auch.
Braune Blätterspitzen bei den Flachwurzlern, Bäume, sie fallen. Johannesbeerstrauchblätter – auch braun. Muss gießen und warte auf den Wetterberichtsregen, der ausbleibt. Der Deutsche Wetterdienst – Was soll das? – trägt keine Schuld.
Besser halb überlebt, als Wasser vergeudet. Das Umland soll Wasser sparen, damit wir welches haben. Es ist Juli und die Welt ist kahl, brennen nicht die Wälder, sind es die Felder. Die früheste Ernte seit 60 Jahren, eine der schlechtesten in 20 Jahren – in den Zeitungen, beim Bauernverband.
»Gerste ist das Erste«, sagt die Eselsbrücke. Etwa seit Mitte Juni häckseln die Mähdrescher Stroh, kaum ein Korn in den Ähren. Der Erntekalender besagt, dass sie mit der Gerste Anfang Juli beginnen.
Es ist Juli und die Welt ist kahl, wenn nicht verbrannt. Notreife. Verzweifelte Pflanzen, verzweifelte Bauern und in den Nachrichten wird über fehlende Zahlen diskutiert!
Plötzlich wird man wach auf politischer Ebene. Der ausbleibende Regen erreicht sie. Grün ist plötzlich IN, blau auch, trotzdem der blaue Himmel frisst uns alles weg.
Aus dem Rhein holen sie in der Schweiz Fisch, eine Tonne. Zeit und Donaukurier stimmen ein in den Kanon der Schuldzuweisung.
»Was interessiert mich das?« und gehen drei Mal duschen nach der Arbeit. Vegetarier, umweltbewusst. Bitte was?
Printmedien „Lasst Gras wachsen“, „Weniger Leguminosen“, „Pflanzt Acker-Senf!“ raten, wie mit der Trockenheit umgegangen werden soll, raten Landwirten, wie die Bodenqualität verbessert werden kann. Ignorieren, dass man längst mit diesem „drohenden“ – nicht drohend – vohandenen Klimawandel taktiert.
Landwirtschaft, das ist nicht nur Land, nicht nur Tierwohl und ökologisch nachhaltiger Anbau, nicht nur Kuhställe, in denen muntere Maden Mist minieren und freilaufende Hühner auf grünen Wiesen grasen. Landwirtschaft, das ist – Die produzieren unser Essen!
Das ist auch Wirtschaft. Es ist egal wie groß sie sind, jeder Einzelne sorgt dafür, dass wir uns nicht mit Anbaumaßnahmen und Viehzucht beschäftigen müssen. Bin dankbar dafür, dass wir nicht dazu gezwungen sind, uns damit zu beschäftigen, zu starke Schwankungen von Jahr zu Jahr in der Ernte, wenig Kalkulationsmöglichkeiten und die Gesellschaft kontinuierlich »Die Bauern sind schuld«.
Wer nicht dazu gezwungen ist, sich mit dem Anbau von Lebensmitteln zu beschäftigen, kann freie Kapazitäten nutzen. Daraus entstehen irre Hochkulturen.
Es ist wohl ein gutes Weinjahr. Freude für die Winzer, denen Hagel und Frost vom letzen Jahr noch in den Knochen stecken.
Im Jahr 1540, super Weinjahr, elf Monate kein Regen, süße Trauben, Katastrophenjahr für alle anderen, musste man das bereits erkennen, im dreißigjährigen Krieg die Jagd nach dem Jahrtausendwein, trotzdem Sympatie und Schulterschluss mit dem Winzer. Schlimme Jahre für die Lebensmittelproduzenten gab es davor schon. Vielleicht war 1540 der Ausgleich für die Magdalenenflut 1342. Da konnte man mit Kähnen über die Stadtmauer Kölns fahren, etwa zweihundert Jahre später kann ein Mensch trockenen Fußes durch den Rhein an selber Stelle.
Die Zeichen der Zeit wurden erkannt. Landwirtschaft, Landwirt/in, das ist das Böse, so hat es den Anschein.
Biogasanlagen, deren Endprodukt zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt wird, müssen mit Biomasse gefüttert werden. Biomasse, die wird zunehmend Mangelware, regnet ja nicht.
Wir leben in der Stadt, da fordert man Sortenvielfalt. Biodiversität möchte ich bei Pflanzen und Tieren sehen, gleichzeitig aber keinen Schritt vom Lebensstandard abweichen. In der Stadt, nahe am Glutochsen, sind wir bessere Menschen.
Mehr Sortenvielfalt, bitte beachten Sie nicht die 20 000 Produkte im Supermarktsortiment, die Mais in verarbeiteter Form enthalten. Ich möchte weniger Maisfelder sehen, mehr bunte Wiesen und kann einen Apfelbaum nicht erkennen, trägt er keine Früchte.
– Mais und Wiese lassen sich unterscheiden, da bin ich Experte.
Es ist nicht leicht den richtigen Weg zu finden. Wofür soll sich der Mensch entscheiden, wenn alle in die Leere führen? Wen wählen, wenn niemand einen Weg anbietet? Nicht die Falschen, aber die richtigen gibt es nicht – nicht mehr. Wir sind desorientiert oder einfach zu jung. Laut demografischem Wandel sind wir mindestens noch vierzig Jahre zu jung und dann plötzlich tot.
– Die Jugend muss das richten!
Licht, das ist immer da, also werden Solarzellen auf die Stalldächer geschraubt, die Biogasanlage kann schließlich auch ausfallen. Strom wird bezahlt. Lebensmittel, naja, da schwankt die Meinung
– und der Weltmarkt.
Wer benötigt schon Nahrungsmittel?!
Man muss sich breiter aufstellen, vorsorgen, will man als Bauer überleben. Wenn alles klappt, kann man auch den Stall modernisieren, bessere Bedingungen für Mensch und Tier schaffen. Die gleichen Stalldächer, unter denen dann in der Nacht eingebrochen wird, weil militante Tierschützer oder Diebesbanden der Meinung sind, sie müssten sich profilieren oder bereichern.
Was soll es? Einbrüche ist man gewohnt. Mal wird der Mähdrescher gestohlen, gehörte noch der Bank, abbezahlt vielleicht in zwanzig Jahren, Anschaffung notwendig, für den alten gibt es keine Ersatzteile mehr, mal der Diesel geklaut.
Als Bauer verdient man so unglaublich gut. Darum wollen auch so viele Menschen in der Landwirtschaft arbeiten.
Das Beste sind die Arbeitszeiten. Zur Erntezeit – die geht über Wochen – oft vier Stunden Schlaf pro Tag, ist die Ernte schlecht, verbringt man mehr Zeit mit Alpträumen. Ist geiler als Party machen. Hände hoch für den Dienstplan.
Die starke Lobby, ja die spürt man sicher auch… irgendwo, anders als die Autobauer.
Ein Verstoß wird beim Einbruch nicht gefunden werden, der Betrieb dafür so sehr geschädigt, dass er verkauft werden muss. Ist nicht der Erste, auch nicht der Letzte. So geht die nächste Firma in die Knie. Der neue Besitzer? Irgendein ausländischer Investor. Und die Tierschützer? Die ziehen mit reinem Gewissen weiter, die Diebesbande mit Diesel oder Fahrzeug über die Grenze. Die Landesregierung entsetzt und machtlos.
Die Verfahren?
Eingestellt.
Sicher kümmert der unsichtbare Investor sich hervorragend um deutsche oder europäische Standards, Gesetze, Tierwohl und sicher auch gut um unsere Lebensmittel.
GANZ SICHER!
Bleibt noch die Pflanzung.
Ich vergaß, die Felder brennen.
Lieben Sie Tiere? Glauben Sie, dass NGOs besser als die Bösen sind? Warum? Warum nicht?
In der Stadt aber bin ich ein guter Mensch. Wir retten die Welt, weil wir gesunde Lebensmittel kaufen, hergestellt in Spanien, erkauft mit den miesen Arbeitsbedingungen der illegalen Migranten und der schlechten Entlohnung pro Tonne der dortigen Landwirte. Wissen Sie was ein Big Bag ist? Globale Marktwirtschaft, das ist, wenn der indische Bauer mit dem amerikanischen konkurriert, der spanische mit dem deutschen – und es verlieren alle. Aber ich bin ein guter Mensch, denn mit den gesunden Lebensmitteln erkaufe ich mir ein gutes Gewissen.
– Was bedeutet Bio eigentlich?
Wir retten die Welt, weil wir Biostrom nutzen und regen uns über die Monokulturen auf, die auch existieren, weil wir mehr Strom wollen oder Biodiesel. Atomkraftwerk geht nicht und Kohle ist auch keine Lösung. Strom aus erneuerbaren Energien natürlich und süß, süß muss alles sein. Süße selbstverständlich produziert mit Mais. Wir fordern mehr Sortenvielfalt und essen doch alle das Gleiche. Maiswaffeln, Popcorn, Fertiggerichte, Tortillas – was darf es sein?
Landwirtschaft, das ist auch Wirtschaft. Ein Tier, das nicht ernährt werden kann, weil der Mais nicht wächst, muss notgeschlachtet werden. Es wird sowieso geschlachtet, aber weil viele Bauern so handeln müssen, zur selben Zeit, wird der Fleischpreis gesenkt. Wieder keine Besserung für den Betrieb, keine Besserung für die Umwelt. Umweltschutz kostet Geld.
Schließlich müssen wir alle etwas essen. Sie hoffen, dass das Wetter besser wird, es war immer so, vor sechzig Jahren, vor fünfhundert und auch vor zweitausend. Sie müssen es nur in das nächste Jahr schaffen, so wie es die Bauern seit tausenden von Jahren in das nächste Jahr schaffen und wenn Ihnen die Erde unter den Füßen verbrennt.
Was soll das Gerede, lassen wir die Betriebe verschwinden. Besser ist es alles zu importieren. Lebensmittelsanktionen hat niemand zu befürchten. »Niemand will eine Mauer bauen«, weder Russland, noch Amerika. Die politische Großwetterlage ist so rosig wie die meteorologische. Nahrungsmittel anbauen, ja, das können wir alle, in unseren feinen 60x17cm Blumenkästen. Ganz feine Leute haben 100x17cm Kästen. Alles ganz nachhaltig und biologisch, vielleicht kommen wir damit auch über den Winter, wenn wir die eine Paprika gut einteilen. Die ist übrigens mit dem Regenwasser gegossen, das seit Monaten nicht so recht vom Himmel fallen will.
Am Ende sind wir mit reinem Gewissen frisch geduscht.
Wie war Ihr Sommer?
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